Ihrer exponierten und strategischen Lage wegen war die Insel - sie ist am weitesten vom Festland entfernt - seit jeher von militärischem Interesse. Erst in den letzten Jahren hat sich Vis dem Tourismus geöffnet. Es gibt Überreste der antiken Stadt Issa zu bewundern, schöne Strände und kleine vorgelagerte Inseln, und in Sichtweite lockt die Insel Bisevo mit der "Blauen Grotte".
Die 90 qkm große Insel liegt südwestlich von Hvar und mit ihrer höchsten Erhebung von 585 m Höhe, bestehen bei guten Sichtverhältnissen traumhafte Aussichten von bis zu 50 km Entfernung.
Nach zwei Tagen Anreise und einer Zwischenübernachtung in Slowenien erreichen wir Split und setzen mit der Fähre über nach Vis, wo wir ein Apartment für 15 Tage beziehen werden. Der trockene kroatische Sommer empfängt uns mit 35°C und sorgt schon während der langen aber sehr interessanten Anreise für Urlaubsstimmung. Die ersten Tage verbringen wir mit der Erkundung der näheren Umgebung, baden an sehr schönen sauberen Kieselstränden und akklimatisieren uns beim Schnorcheln und Dösen. Auch das kroatische Bier ist sehr empfehlenswert und von Dosenpfand auch keine Spur. Unter diesen Umständen lassen wir Deutschland sehr schnell hinter uns. Doch nun zum Wesentlichen, den Tauchgängen rund um Vis- Perle der Adria.
Checktauchgang am Wrack des Frachters Brioni
Es ist mein erster Tauchgang rund um VIS. Die Brioni ist ein Frachter, der auf die Klippen der Südküste aufgelaufen ist und über eine stattliche Länge von 65 m aufweist. Das Wrack liegt auf der Steuerbordseite und ist sehr gut erhalten. Es verfügt über zwei Laderäume, der mittlere Aufbau besteht aus Kommandostrukturen und man kann auch dort problemlos eintauchen. Das Wrack liegt wieder recht tief, die minimale Tauchtiefe beträgt 45 m. Der Bug des Schiffes befindet sich auch 60 m Tiefe und der Grund liegt bei ca. 63 m. Im tiefen Teil des Laderaumes bei über 55 m Tiefe befinden sich noch viele Weinflaschen und anderes Inventar. Leider war die Zeit bei diesem Checktauchgang mit konventioneller Ausrüstung recht kurz. Es werden aber noch andere Zeiten anbrechen...
Die Sichtweite bei unserem Checktauchgang liegt konstant bei ca. 30 m und ermöglicht bereits auf 35 m Tiefe einen kompletten Rundumblick. Dieses Wrack ist ebenfalls sehr gut erhalten und stellt einen Pflichttauchgang dar. Während der Dekozeit beobachten wir die vielen kleinen Fische, die im Flachwasser der Steilküste nach Nahrung Ausschau halten. Große Fische wird man in der Adria nur selten zu Gesicht bekommen, da der kommerzielle Fischfang, wie überall, ganze Arbeit geleistet hat.
Vassilios
Zweifelsohne auch eines meiner Lieblingswracks. Mindestens 4 Tauchgänge sind erforderlich um die gigantischen Ausmaße des Kohlefrachters zu vermessen und das Innere im wesentlichen zu Erforschen. Mit 104 Meter Länge ist der Koloss das größte Wrack rund um Vis. Die Tiefe reicht von 25 - 55 m, das Schiff liegt auf der Steuerbordseite. Zwei gigantische Laderäume zum großen Teil noch mit Kohle aus dem 2. Weltkrieg beladen sind zu erforschen. Im mittleren Bereich, kann man über die Kommandobrücken in das Innere tauchen.
Maschinenraum und vieles andere sind noch zu erforschen. Die wenigsten Urlaubstaucher waren hier, dementsprechend sehr gut erhalten ist alles. Um in das Wrackinnere des bis zu 18 m breiten Stahlriesen einzutauchen, bedarf es guter Vorbereitung bezogen auf die Gaslogistik, die Tiefe über 40 m und der entsprechenden Enge.
B-17 Bomber
Nach 11 weiteren Tauchgängen an weiteren verschiedenen Wracks und Höhlen rund um die bis auf 80 m Tiefe abfallende Steilküste steht nun der absolute Höhepunkt auf dem Tagesprogramm. Der Tauchgang am B-17 Bomber vor der Südküste von Vis.
Am 6. November 1944 verließ die amerikanische Boeing B-17G, ein Bomber mit der Seriennummer 44-6630, ihre Basis im italienischen Amendola und brach nach Wien auf, um die österreichische Hauptstadt aus der Luft anzugreifen.
Da Wien jedoch unter einer dichten Wolkendecke lag, erhielt der Pilot die Order, seine tödliche Fracht über Maribor (Slowenien) abzuladen, einem wichtigen Knotenpunkt im Eisenbahnverkehr, den die deutschen Truppen mit einer mächtigen Luftabwehr-Batterie verteidigten. Bei dieser Aktion wurde das Hydraulik-System des US-Bombers beschädigt und das Flugzeug nahm Kurs auf die süddalmatische Insel Vis, den am nächsten gelegenen Luftwaffen-Stützpunkt der Alliierten. Nach mehrmaligen erfolglosen Landeversuchen entschloss sich der Pilot zu einer Notwasserung unweit der Inselküste. Das viermotorige Flugzeug liegt völlig intakt auf ebenen Sandgrund in 72 m Tiefe.
Die südlichen Küstengewässer sind dem offenen Meer zugekehrt, so dass bei Winden aus Süden und Osten mit hohem Wellengang zu rechnen ist, der ein sicheres Abtauchen als auch Dekomprimieren unmöglich macht. Das Flugzeug liegt flach auf dem Grund und ist auch mit feineren Tiefenmessern nur sehr schwer auszumachen. Weiterhin schwierig ist das sichere Ankern aufgrund der hohen Wassertiefe in Verbindung mit starker Oberflächenströmung.
B-17 Bomber im Flug
Mit einem 150 PS Zodiac verlassen wir mit gut und gerne 25 Knoten Marschfahrt den sicheren Hafen Komiza um die Mutter aller Tauchgänge durchzuführen. Insgesamt sind wir 4 Taucher einschließlich der Besitzer der Basis. Alle sind gespannt auf diesen Tauchgang. Meine 3 Tauchpartner tauchen mit 18 l Pressluftflaschen.
Ich habe mich für ein Doppelgerät 10 l Trimix entschlossen, um auch wirklich alle narkotischen Nebeneffekte in dieser Tiefe auszuschließen und über eine ausreichende Grundzeit mit entsprechender Reserve zu verfügen. Mein Grundgemisch besteht aus 55 % Helium und 18 % Sauerstoff, welches einer ungefähren Narkosetiefe mit Pressluft von 30 m entspricht.
Als Reisegas beim Ab- bzw. Auftauchen bis zu jeweils 30 m Tiefe nutze ich ein 40ér Nitroxgemisch verpackt in einer 4 l Pressluftflasche. Die Dekompressionsphase wird mit 100% Sauerstoff durchgeführt. Aber nun genug der vielen Technik und Details, denn es soll ja auch noch getaucht werden.
Rückwärts lasse ich mich mit fast 50 kg Tauchausrüstung ins Wasser fallen. Das Wasser ist stahlblau. Schemenhaft ist unser Seil zu erkennen. Wir tauchen nach den Koordinaten des GPS Gerätes ab. Um eine möglichst hohe Grundzeit auch auszunutzen halten wir unsere Abtauchgeschwindigkeit auf konstant 35 m / Minute.
Bereits in 40 m Wassertiefe sind schemenhaft die Umrisse des riesigen Bombers auszumachen. Zwei Minuten später "lande" ich am Bug der B-17 Bomber und wir beginnen nach einem kurzen Rundumcheck aller Tauchpartner die Exkursion.
Durch die Fenster kann man problemlos in das Innere schauen, man sieht das Instrumentenbrett, Hebel, Schalter und die Steuergriffe beider Piloten - alles noch erhalten und an seinem Platz wie zu dem Zeitpunkt als es versank. Die Flakkanonen im Kaliber 12,7 mm sind alle an ihrem Platz und teilweise von einer Muschelschicht überzogen.
Wir gleiten entlang des Rumpfes Richtung Heck und schauen in die Funkkabine, auch hier offenbart sich noch die gesamte Technik samt Maschinengewehren. Auf dem Sandgrund liegt noch immer der verknitterte Stoff eines Fallschirmes. Die an den Flügeln angebrachten Propellermotoren sind ganz von Algen und Muscheln überzogen, die in dichten Trauben herabhängen. Unter dem linken Flügel sieht man einem Teil des Fahrwerkes. Das Rad ist bis zur Hälfte im Untergrund versunken.
Die letzte Minute vor dem Auftauchen verbringe ich am Rumpf um einen Überblick über dieses fliegende Monstrum zu erhalten und schaue dabei Richtung Oberfläche, wo sich im Sonnenschein die Wasseroberfläche spiegelt und das aus 72 m Tiefe.
Der Aufstieg erfolgt genau nach Plan - 12 Minuten Grundzeit laufen schnell und die Deko-Zeit von fast 40 Minuten wird genutzt um die Erfahrungen und Eindrücke zu ordnen.
In 30 m Tiefe wechsele ich wieder auf Nitrox40 und stelle fest wie "zäh" sich das Gemisch atmet. Der Atemwiderstand bei dem hohen TMX-Anteil von über 8 bar Überdruck ist sehr gering, was sich merklich bemerkbar macht. Nur eine Handvoll Taucher bekommt jährlich die Gelegenheit an diesem weltweit einmaligen Relikt zu tauchen. Ausbildung, Erfahrung und Logistik fordern von den Teilnehmern, besonders gerade die mit Pressluft tauchen viel Disziplin. Auch der Aufwand insgesamt erfordert Aufmerksamkeit. Dekompressionsflaschen zur Sicherheit werden beginnend ab 15 m Wassertiefe angeordnet und stehen den Tauchern in Ausnahmesituationen zur Verfügung.
Fazit
Für mich stellte dieser Wracktauchgang ein absolut unvergessliches Erlebnis dar und war mit Abstand der beste Wracktauchgang den ich bisher durchführen konnte. Die Eindrücke trotz der kurzen Zeit waren genial.
Anmerkung
Diese Tauchgänge werden nur in Begleitung einer kroatischen Basis organisiert und auch nur dann, wenn sich mindestens 3-4 Taucher zusammen finden und über entsprechende Erfahrung verfügen. Das gegenseitige Vertrauen erfolgte bei uns im Vorfeld bei den anderen Tauchgängen. Das Wrack der Boeing B-17 steht unter Denkmalschutz. Das bergen von Gegenständen, die sich am Flugzeug oder in seiner unmittelbaren Umgebung befinden, ist strengstens untersagt.
Der wesentliche Teil der ehemaligen amerikanischen Besatzung lebt noch heute und hat vor Kurzem einen Kranz an der Stelle "niedergelegt" zum Gedenken an den verstorbenen Co-Piloten dessen Leichnam nie gefunden wurde.
Nach drei Wochen Urlaub verließen wir mit dem Auto wieder Kroatien und waren uns sicher, das wir demnächst noch einmal in die das gastfreundliche Kroatien Reisen werden. Zu viel gibt es noch zu entdecken und alles das in warmen, klaren Gewässern im sonnigen Süden.